Samstag, September 16, 2006





Faruzina's Science Lab

Eine meiner Aufgaben beim Hope Project ist bei der fotografischen Dokumentation mitzuhelfen. Oben seht Ihr die Früchte meines ersten Auftrags: "Capture the excitement in Faruzimas Science Classroom".

Ich dachte das wäre gar kein einfacher Auftrag, doch nachdem ich einen Vormittag bei der Lehrerin Faruzina hospitiert hatte, schien es mir nicht mehr so schwierig. Es war so viel Neugier, Faszination und Argumentationsfreude im Raum, dass ich fast nur noch den Auslöser drücken musste.

Zum Hope- Project gehört eine Schule mit ca. 600 Schülern, die es sich als Aufgabe gesetzt hat, den Kindern einen Schulbesuch zu ermöglichen, die vom öffentlichen Schulsystem ausgeschlossen bleiben. Community Workers machen sich auf den Weg in die Haushalte, um die Eltern zu überzeugen, ihre Kinder zur Schule zu schicken und versuchen gemeinsam mit ihnen die sozialen und organisatorischen Hindernisse zu überwinden, die dies normalerweise verhindern. Einige dieser Gründe sind beispielsweise finanzielle Probleme, fehlende Papiere, durch Mangelernährung verursachte Konzentrationsprobleme, zu hohes Alter, mangelnde Sprachkenntnisse oder einfach, dass sie weiblich sind und daher Bildung nicht relevant für sie sei und sie sich ab einem bestimmten Alter sowieso besser nur noch in fest gesetzten räumlichen und sozialen Grenzen bewegen sollten. Ziel der Schule ist diese Kinder soweit auszubilden, dass sie in das weiterführende staatliche Schulsystem integriert werden können. Außerdem gibt es noch eine Abendschule für arbeitende Kinder, spezielle Unterstützungsklassen für Kinder im staatlichen Schulsystem und berufsqualifierende Maßnahmen, wie z.B. Vermittlung von Computerkenntnissen.

Diese Schule ist in vielen Aspekten ziemlich außergewöhnlich, falls Ihr noch weiteres Interesse habt kann ich Euch den Blog von Pritha Ghosh, dem Educational Advisor des Hope Projects empfehlen, dort findet Ihr auch noch mehr Fotos (http://curriculumathope.blogspot.com/). Pritha Ghosh ist ein energiegeladener Wirbelwind und hat sich mehr als zwei Stunden Zeit genommen (dann war sie heiser) mir gestenreich die Besonderheiten des pädagogischen Konzepts zu erklären. Ich war natürlich gespannt das Ganze in der Praxis zu sehen.

Meine Fotos zeigen besonders die Früchte der "inquiry- based education". In Faruzima´s Klasse ging es um die Anpassung von Organismen an ihre Umwelt und statt das Wissen im Frontalunterricht zu vermitteln, würde sie mit einer Frage wie: "Warum sehen die Pflanzen in der Wüste eigentlich anders aus als im Dschungel?" starten und die Schüler fangen dann an eigene Theorien zu entwickeln, warum das so sein könnte. Sie können der Lehrerin Löcher in den Bauch fragen und so schließlich ein eigenes Verständnis des Lernstoffs entwickeln. Auch wenn ich so gut wie kein Hindi verstehe, macht es wirklich Spaß am Unterricht teilzunehmen. Es liegt einfach so viel von dem in der Luft, was Wissenschaft wirklich faszinierend macht: Verwunderung, Neugier, sich zu trauen Fragen zu stellen, Wissen zu teilen, neue Erkenntnissen zu gewinnen und die Freude daran, Dinge zu verstehen. Außerdem muss ich bei Faruzima´s Gestik irgendwie immer an Sokrates denken.

Faruzima hat versucht mich zu überzeugen meinen neuropsychologischen Hintergrund mit einzubringen und vielleicht werden wir in einer der höheren Klassen wirklich Gehirne aus Gips formen und die wichtigsten sensorischen und motorischen Areale einzeichnen...